Podiumsdiskussion „Digitale Geisteswissenschaften: Werkzeug oder Wissenschaft?“ am 25.7.22 in Graz, Zentrum für Informationsmodellierung (hat Spaß gemacht, war sehr interessant und bestens organisiert- Dank an Helmut W.Klug und Georg Vogeler):
In einem zusammenfassenden Kommentar zeigt sich mein Kollege Hartwin Brandt ebenso überzeugt von dem Ergebnis meines Aufsatzes wie von dem Vorgehen (Gymnasium 127, H.4, 2020, s.u. den Eintrag v. 27.2.2021): Am Beispiel des Hippokratischen Eides habe ich mit einer Kombination von quantitativer und qualitativer Textanalyse in „Zur Standortbestimmung des Digitalen in den Altertumswissenschaften“ gezeigt, daß der Eid keineswegs eine Sonderstellung in der Entwicklung der antiken Medizin und Medizinethik eingenommen hat, oder etwa in hellenistische Zeit datiert bzw. sogar fest im 5./4. Jahrhundert v. Chr. verortet werden könnte. Vielmehr läßt er sich mit seinen Verbindungen sowohl zu frühen wie auch späten Texten des Corpus Hippocraticum in eine kontinuierlich fließende Tradition einordnen.
Die Methoden der Digital Humanities sind seit längerer Zeit einer massiven Kritik ausgesetzt. Es sind vor allem zwei Vorwürfe, die immer wieder erhoben werden: Zum einen führten die Digital Humanities nicht zu neuen Ergebnissen, sondern würden Bekanntes in anderem Gewand präsentieren. Zum anderen würden die Methoden der Digital Humanities sogar auch zu falschen Ergebnissen führen. Weiterhin wird daraus gefolgert, daß die Reproduzierbarkeit und damit auch die wissenschaftliche Solidität der Ergebnisse fraglich sei. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit diesem Thema der (unterstellten oder tatsächlichen) Fehlerhaftigkeit, in dem dieser Vorwurf analysiert und ein Vorschlag zum kritischen Umgang mit Fehlern unterbreitet wird, der den Digital Humanities ihren wissenschaftsmethodischen Platz sichern kann.
In diesem Buch habe ich die Entstehung und Entwicklung des Begriffs untersucht, aber auch das mit der Isonomie verbundene politische Geschehen sowie die ordnungstheoretischen Vorstellungen, epochenübergreifend von der archaischen Zeit bis in die Kaiserzeit:
Isonomie wird meist als Charakteristikum der Demokratie angesehen. Dieses Verständnis von Isonomie ist nicht ganz ungerechtfertigt, denn der Bezug auf das Politische, auf die Gemeinschaft der Bürger und ihre Teilhaberechte bleibt dem Begriff einige Zeit erhalten. Diese Subsumierung deckt jedoch nur einen Teilaspekt des Begriffs ab und gilt lediglich für eine bestimmte Phase der griechischen Geschichte. In der Historiographie verliert Isonomie den spezifischen Bezug auf die Demokratie im Laufe der Zeit. Darüber hinaus wurde der Begriff auch in ganz anderen, an sich unpolitischen Zusammenhängen verwendet wie etwa in der Medizin und der Philosophie. In den christlichen Schriften wiederum erhält der Begriff schließlich eine metaphysische Aufladung, die ihm einen ganz anderen Sinn gibt. Isonomie wird ein theologisch imprägnierter Begriff, dessen säkulare und politische Bedeutung völlig in den Hintergrund tritt, und diese Wendung markiert einen Einschnitt, der für die Antike das Ende des politischen Gehaltes der Isonomie bedeutet. Das vorliegende Buch geht der Entwicklung des politischen Begriffs nach, d. h. von seinem Ursprung im 6. Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Kaiserzeit.
In dem Editorial für den Jahresband 2021 von Digital Classics Online gehe ich auf die – praktisch unsichtbare – Wirkmächtigkeit von Listen und Indizes ein, die bisher in der öffentlichen Diskussion über die Auswirkungen der Digitalität weder ordnungstheoretisch noch (macht-) politisch erfasst wird.
Datengetriebene und hypothesengeleitete Forschung, quantitative und qualitative Textanalyse sind m.E. heute gut vereinbar und steuern auch für klassische Fragestellungen neue, interessante Aspekte bei. Am Beispiel der Methode der Autorschaftsattribution auf der Grundlage einer Analyse der Buchstaben-N-Gramme (erschienen in Gymnasium 127, 2020, S. 305-327) zeige ich exemplarisch für Texte aus dem Corpus Hippocraticum (mit dem Schwerpunkt auf dem hippokratischen Eid), welcher methodische und inhaltliche Gewinn aus der Verbindung von quantitativer Textanalyse mit der klassischen historisch-philologischen Interpretation zu erzielen ist.